Folge 5

Die Sonderausstellung "Kleid der Tiere - Geniale Verpackungen der Natur" im Naturkundemuseum

„Gut gebrüllt, Löwe!“ – Die Königin der Tiere betritt den Catwalk

- von Julian Schröder


© Stadt PaderbornInstallation der Löwin auf dem Catwalk

So langsam wird’s ernst in unserem Sonderausstellungsraum, denn die Ausstellungseröffnung ist inzwischen in greifbare Nähe gerückt. Die zuvor geplanten Arbeitsschritte werden nun nacheinander umgesetzt, sodass nach (fast) jedem Arbeitstag ein sichtbarer Fortschritt zu verzeichnen ist. Nachdem bereits der Leopard aus dem Naturkundemuseum im Ottoneum in Kassel bei uns in Paderborn eingetroffen ist (zu lesen in der Blog-Folge 3) und auf seinen ‚Auftritt‘ auf dem Catwalk wartet, sind unlängst die weiteren Darsteller unseres ‚tierischen Laufstegs‘ im Naturkundemuseum angekommen. Sie werden für die Ausstellungsdauer von einem Tierpräparator aus dem Kreis Paderborn zur Verfügung gestellt und stehen nun dafür bereit, innerhalb der Ausstellung ihren Platz einzunehmen. Damit die Präparate der Katzen, die auf dem Catwalk gezeigt werden sollen, entsprechend standfest, sicher und dennoch möglichst anschaulich und beeindruckend montiert werden können, hat der Catwalk zunächst noch keine Seitenwände erhalten. Die meisten Präparate verfügen über eine Stange, eine Schiene, ein Loch oder sitzen beziehungsweise stehen auf einem Felsen oder einem Baumstumpf, sodass sie von unten mit dem Catwalk verschraubt werden können. Natürlich können manche Präparate grundsätzlich auch von der Decke hängend befestigt oder mit Spannseilen fixiert werden; es sollte jedoch immer das Ziel sein, dass die Ästhetik der Objekte nicht verloren geht, weshalb bei der Befestigung gilt: so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich.

© Stadt PaderbornAusrichtung der Löwin auf dem Catwalk

Bei der Präparation eines Tieres wird die Ausrichtung, die das Präparat, die Dermoplastik, später bekommen soll, vom Präparator bestimmt. Eines unserer Ausstellungshighlights ist eine Löwin, die in der Sprungposition präpariert wurde. So faszinierend das Präparat aussieht, wenn es einen vom Catwalk aus anzuspringen scheint, so knifflig und herausfordernd ist seine Montage. Denn obwohl von der einstigen Löwin nur noch das Fell übrig ist und ihr Inneres aus einem eigens hierfür angefertigten Modellkörper besteht, sind die Körpermaße natürlich mit denen einer realen Löwin identisch geblieben. Zudem ist das Präparat nicht nur unhandlich, sondern auch kein ‚Fliegengewicht‘. Zwar bringt es nicht die ca. 130 Kilogramm einer ausgewachsenen Löwin auf die Waage, das Aufstellen wird durch sein Gewicht dennoch im wahrsten Sinne erschwert. 

© Stadt PaderbornLöwin im Sprung; provisorische Installation

Natürlich soll der Sprung möglichst authentisch aussehen, daher ist im Modellkörper ein Loch für eine Stange ausgespart, die das Präparat bei seiner Installation in einem Winkel stehen lässt, der der Sprungposition möglichst genau entspricht. Das heißt aber auch, dass der Gewichtsschwerpunkt deutlich weiter vorne liegt, sodass die Stange mit einem entsprechenden Gegengewicht gestützt werden muss, um ein Kippen, Wackeln oder gar Umstürzen zu verhindern. Zudem ist zu überlegen, ob die Löwin über etwas hinwegspringen soll oder ob sie – ganz puristisch – für sich steht.

Alle anderen Katzen, die auf dem Catwalk ‚posieren‘ – verraten wird natürlich noch nicht, welche Katzen hier genau zu sehen sind – werden in ähnlicher Weise positioniert und befestigt. Dann schließlich können die Seitenwände des Catwalks befestigt und gestrichen werden. Wie der fertige Catwalk ausschaut und was genau bis dahin noch passiert, erfahrt ihr in einer der nächsten Folgen!

 


„Der Zauber steckt immer im Detail.“

…so hat es zumindest der Schriftsteller Theodor Fontane einmal gesagt. Und dieser Satz ist, wenn man an die Realisierung einer neuen Sonderausstellung denkt, nahezu identisch übertragbar. Klar, Veränderungen sind immer dann besonders sichtbar, wenn sich etwas ‚Großes‘ ereignet; dann zum Beispiel, wenn bedeutende Ausstellungselemente wie der Catwalk fertiggestellt, wenn Präparate angeliefert oder die Podeste aufgestellt werden – kurzum: wenn der Raum sich mit Gegenständen füllt. 

Was eine fertige Ausstellung jedoch ‚rund‘ macht, was ihr zu einem stimmigen Gesamtbild verhilft, ist auf den ersten Blick oftmals gar nicht sichtbar oder wird zumindest nicht wahrgenommen. Präparate oder Modelle sind häufig eyecatcher, die beim Betreten eines Raumes sofort unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, die uns faszinieren und uns nachhaltig in Erinnerung bleiben. 

© Stadt PaderbornAufbau der Podeste mit Glashaube und Sockel
© Stadt PaderbornKies als Dekorationselement

Mit vielem von dem, was dazu beiträgt, dass wir eine Ausstellung – auch noch im Nachhinein – als schön oder gelungen beschreiben, verhält es sich völlig anders. Viele Elemente in einer Ausstellung sind – auf den ersten Blick betrachtet – eher ‚Nebendarsteller‘ oder sogar nur ‚Statisten‘. Trotzdem ist ihr Beitrag zur Ausstellung enorm. Wenngleich auf den Präparaten das Hauptaugenmerk liegen sollte, sind Dekorationselemente wie Kies und Sand als Untergrund oder Treibholz, Laub, Muscheln und Steine als ‚schmückendes Beiwerk‘ Bestandteile, die die Ausstellung bereichern. Präparate wie die Schmetterlinge, die im Rahmen von ‚Kleid der Tiere‘ zu sehen sind, werden in einem hängenden Schaukasten gezeigt. Und ein solcher bringt wiederum andere Fragen für die Ausstellungsmachenden mit sich als ein stehendes Podest: Ist ein geeigneter Hintergrund gewählt worden, um die Schmetterlinge möglichst optimal stecken und in Szene setzen zu können? Wird ein Kontrast zwischen Hintergrund und Präparat erzielt? Ist der Lichteinfall angemessen? Lassen sich alle gezeigten Präparate gut erkennen oder spiegelt das Glas zu sehr? 

© Stadt PaderbornDekoriertes Podest mit Gürteltier

Auch bei der Wahl des Dekorationsmaterials ist besondere Aufmerksamkeit geboten. Soll beispielsweise Laub verwendet werden, ist zunächst bei der Auswahl zu bedenken, auf welchem Kontinent und in welchem Lebensraum ein gezeigtes Tier in der Natur lebt. Entsprechend ist es sinnvoll, beispielsweise – je nach Tier – tropisches anstelle von heimischem Laub zu verwenden und auch den Untergrund nach dem Lebensraum auszurichten. 

Die eigens für die Ausstellung angefertigten Sockel sind von den Museumstechnikern mit einer zusätzlichen Randleiste versehen worden, die es bei der Einrichtung erlaubt, auf Sand oder ähnliche Materialien zurückzugreifen. Zusätzlich stellt diese Leiste sicher, dass die Glashauben, die später auf die eingerichteten Podeste aufgesetzt werden, nicht verrutschen. Die Glashaube bewirkt zudem, dass das Arrangement unverändert bleibt, weil es nicht berührt, ‚verweht‘ oder verwackelt werden kann. Deshalb kann im Sand, auf dem in unserer Ausstellung ein Waran gebettet ist, zum Beispiel auch eine Spur nachempfunden und somit ein weiterer kleiner Beitrag zu einer möglichst ästhetischen und gleichsam authentischen, naturnahen Darstellung realisiert werden. Nachdem das Objekt und alle Dekorationselemente positioniert wurden und alles stimmig erscheint, kann das Podest mit der Glashaube verschlossen werden. So nähern wir uns Schritt für Schritt der fertigen Sonderausstellung!

© Stadt PaderbornWaran im Sand