Folge 4
Die Sonderausstellung "Kleid der Tiere - Geniale Verpackungen der Natur" im Naturkundemuseum
Die ‚Werbetrommel‘: „Weißt du schon das Neueste?“
- von Julian Schröder
Das Naturkundemuseum zieht – wie alle Kulturbetriebe in diesen Tagen – aus der Corona-Pandemie eine schmerzliche Erkenntnis: Ohne die Besucher*innen, ohne diejenigen, die ins Museum kommen, um sich neue Ausstellungen anzuschauen, die sich für das interessieren, was im Hintergrund über einen langen Zeitraum akribisch vorbereitet worden ist, ist die Museumsarbeit nicht dieselbe. Natürlich lassen sich auch Lehren aus der Situation ziehen. So kann die aktuelle Lage etwa Ursprung alternativer Vermittlungs- und Begleitangebote sein. Viele Kultureinrichtungen, so auch die der Stadt Paderborn, zeigen, was auf digitaler Ebene möglich ist, und arbeiten weiterhin an spontanen, kreativen Alternativen. Aber natürlich ist ein virtueller Rundgang, ein Webinar, eine Präsentation oder ein Beitrag auf Social-Media-Kanälen nicht mit einem Besuch im Museum vor Ort vergleichbar. Umso schöner ist es, dass es – natürlich unter Berücksichtigung der entsprechenden Schutzmaßnahmen – wieder möglich ist, das Museum selbst zu erkunden!
Und hierfür ist im Hinblick auf eine anstehende Sonderausstellung vor allem eines wichtig: Werbung! Denn was nützt die spannendste Ausstellung, das interessanteste Begleitangebot oder die innovativsten digitalen Formate, wenn sie niemand wahrnimmt?
Deshalb müssen Flyer, Postkarten, Poster und Programmhefte designed werden, Online-Kanäle wie Facebook oder YouTube ‚bespielt‘ und die Homepage gepflegt werden. Und natürlich ist – auch im digitalen Zeitalter – wichtig, über klassisch-analoge Wege auf kommende Ausstellungen und Veranstaltungen hinzuweisen. Tageszeitungen, Stadtmagazine oder Aushänge sind Kommunikationswege, die hierfür Möglichkeiten darstellen.
All das ist im Vorfeld, weit vor der Ausstellungseröffnung zu berücksichtigen und läuft parallel zur ‚eigentlichen‘ Planung.
„Da staunste!“ – Das Museum im Dienste der Neugier
Es gibt ein Gefühl, das so unbeschreiblich ist, wie wohl kaum ein anderes. Dennoch lässt sich es mit nur einem einzigen Wort so genau beschreiben, dass jeder sofort weiß, was gemeint ist: „Wow!“ Kinder können dieses Gefühl so perfekt ausdrücken, als hätten sie es erfunden. Sie bleiben unvermittelt vor etwas stehen, völlig ungläubig und überrascht von dem, was sie da gerade entdeckt haben. Anschließend wollen sie mit allen, denen sie begegnen, ihre Begeisterung teilen – das sprichwörtliche Feuer ist entfacht.
In unserem digitalen Zeitalter, das häufig eine solche Vielzahl flüchtiger Reize bereithält, hat es dieser ‚Wow-Moment‘ manchmal schwer, sich zu behaupten. Heute, so scheint es manchmal, reicht ein bloßes Moment der Überraschung nicht mehr aus; etwas Unbekanntes vermag uns nicht mehr so leicht in seinen Bann zu ziehen, weil unser Interesse daran nach kürzester Zeit auf etwas anderes, wiederum Spannenderes oder manchmal auch einfach nur ‚ebenso Existierendes‘ abgelenkt wird. Deshalb besteht eine wichtige Aufgabe von Kulturschaffenden in Museen vor allem auch darin, nachhaltiges Interesse zu wecken. Ein Schlüsselwort heißt dabei – wie so oft – Balance. Kinder und Erwachsene sollen gleichermaßen beeindruckt und begeistert werden, die Ausstellung soll Analoges und Digitales berücksichtigen, die Inhalte Unterhaltung und Lernerfahrung zugleich bewirken. Hinzukommt, dass das kulturelle Angebot inzwischen ein immenses ist, unter anderem deshalb, weil es schlicht mehr Möglichkeiten, Formate und Kommunikationswege für die Kultur gibt. Das ist aber längst nicht gleichbedeutend damit, dass ein Höher-Schneller-Weiter-Prinzip der erfolgversprechendste Weg ist. Denn Kultur ist doch in erster Linie eines: kreativ. Und Kreativität ist grundsätzlich die beste Voraussetzung, um aus den einfachsten Mitteln etwas Anschauliches und Spannendes zu machen. Die kindliche Neugier und Begeisterungsfähigkeit sind also etwas, das sich aus der Sicht von Kulturschaffenden und – in unserem Fall – Mitarbeitenden eines Museums als ein anzustrebendes Ideal beschreiben ließe und das es immer wieder neuerlich zu ‚wecken‘ gilt.
Entsprechend wichtig für die Museumsarbeit ist ein Vermittlungs- und Begleitprogramm zur neuen Sonderausstellung, das die Inhalte an unterschiedliche Zielgruppen heranträgt, sie für alle verständlich macht und möglichst ein Interesse für die Thematik bei den Besucher*innen weckt. Solche Angebote müssen konzipiert werden; das bedeutet im Hinblick auf Schüler*innen, dass ein solches Angebot im besten Fall an den Unterrichtsinhalt anschließt beziehungsweise sich in die Bestimmungen des Lehrplans einreiht. Begrenzt sind solche Konzepte aber natürlich nicht nur auf den Lehr-/Lernkontext, in dem Schüler*innen häufig mit dem Museum in Berührung kommen. Auch im privaten Kontext gilt es, Kinder für naturkundliche Themen zu sensibilisieren, ihnen die Themen der Ausstellungen näherzubringen und sie für das zu begeistern, was es in der Ausstellung zu entdecken gibt.
Hierzu sind ‚besondere‘ Veranstaltungen, die sich von einem gewöhnlichen Museumsbesuch abheben, eine gute Gelegenheit. Im Rahmen der Sonderausstellung ‚Kleid der Tiere‘ wird deshalb beispielsweise zum ersten Mal eine Taschenlampenführung für Kinder angeboten. Die Kinder können sich zu einer solchen Führung, die außerhalb der regulären Öffnungszeiten des Museums am Abend stattfindet, im Voraus anmelden. Mit einer eigenen Taschenlampe ausgestattet, geht es dann auf eine exklusive Entdeckungstour durch die dunklen Ausstellungsräume. Erwachsene haben die Möglichkeit, im Rahmen von Wissenschaftlerführungen zu unterschiedlichen Schwerpunkten Informationen ‚aus erster Hand‘ zu bekommen oder ihr Wissen rundum die Ausstellungsthematik bei einem Gastvortrag von Wissenschaftler*innen oder Expert*innen auf dem Gebiet zu vertiefen. All das ist – besonders in Zeiten von Corona – nicht nur terminlich, sondern auch räumlich zu konzeptionieren; so gibt es vonseiten eines jeden Bundeslandes fortlaufend aktualisierte Vorgaben, die jede Veranstaltungsform etwa hinsichtlich der Raumgröße oder der Anzahl der Teilnehmer*innen regeln. Planung ist – wie so oft – auch hier die ‚halbe Miete‘! Ein Begleitprogramm muss dann natürlich noch mit kurzen, prägnanten Texten versehen werden, die den Inhalt wiedergeben. Das Ergebnis ist ein kurzes Programmheft, ein Flyer oder dergleichen und kann inhaltlich in etwa so aussehen:
Sich als Museumsbesucher*in mit dem Inhalt einer Ausstellung vertraut zu machen, bedeutet auch, sich eigene Erfahrungen, Erlebnisse oder Momente in Erinnerung zu rufen, auf die man eventuell bereits zurückgreifen kann. Das kann schon im Vorfeld eines Ausstellungsbesuchs geschehen; hierfür ist es uns im Naturkundemuseum wichtig, dass Interessierte nicht nur auf die Ausstellung aufmerksam gemacht, sondern aktiv angesprochen und ‚ins Boot‘ geholt werden. Möglichkeiten einer solchen Interaktion zwischen Museum und Interessierten beziehungsweise potenziellen Besucher*innen stellen zum Beispiel Umfragen, Aufrufe oder – wie im Fall von ‚Kleid der Tiere‘ – ein Fotowettbewerb dar.
Einen Anreiz, sich im Vorfeld mit dem Ausstellungsgegenstand auseinanderzusetzen, ist hierbei durch den ‚Gewinn‘ geboten, denn das Siegerfoto bekommt einen eigenen Platz innerhalb der Ausstellung. Dieser Fotowettbewerb ist frühzeitig in lokalen Medien wie Tageszeitungen, Stadtmagazinen und diversen Online-Plattformen angekündigt und mit einem Einsendeschluss versehen worden. Damit noch genügend Zeit für die Auswertung der Beiträge bleibt, ist hier also ein zeitlicher Puffer einzukalkulieren. Nicht zuletzt zeigt der Fotowettbewerb: Jede/r ist im Alltag schon einmal mit der Thematik unserer Sonderausstellung in Berührung gekommen: ob daheim mit den Haustieren, bei einem Zoo-, Tierpark- oder Aquarienbesuch, im Urlaub oder während eines Spaziergangs vor der eigenen Haustür. Und: Die Neugier, die Faszination und die Begeisterung – ob bei Kindern oder Erwachsenen – die das Thema ‚Kleid der Tiere‘ bereithält, ist nicht weit weg, ist kein reiner Ausstellungsgegenstand im Museum, kein Inhalt einer Buchseite oder eines Dokumentationsfilms vom anderen Ende der Welt; vielmehr begegnet uns das, was wir im Museum sehen, auch im Alltag, weil es Teil unserer Umwelt ist.