TheaterLytics – Ein Blick auf die bisher erzielten Ergebnisse
Theaterbetriebe müssen unterschiedliche Managemententscheidungen treffen: Einige davon vor jeder Spielzeit, wie z.B. Entscheidungen zur Stückauswahl. Andere, ob zusätzliche Veranstaltungen in das Repertoire aufgenommen werden sollen, werden dagegen erst im Verlauf einer Spielzeit festgelegt. Gemein haben diese Entscheidungen, dass sie signifikante Auswirkungen auf die Besucherzufriedenheit sowie die zukünftige Kundenbindung und -gewinnung haben, aber auch die wirtschaftliche Situation des Theaters insgesamt betreffen. Um Theaterbetriebe in diesen Entscheidungen zu unterstützen, werden im Projekt TheaterLytics, das der SICP – Software Innovation Campus Paderborn gemeinsam mit dem Theater Paderborn und der Optano GmbH durchführt, intelligente Werkzeuge zur Entscheidungsunterstützung entwickelt. Das Projekt hat nun erfolgreich den ersten Meilenstein absolviert.
Anforderungen analysieren, Daten sammeln und Prozesse analysieren
„Gestartet sind wir mit einer Anforderungsspezifikation. Dabei haben wir zunächst im Rahmen von vielen gemeinsamen Workshops die konkreten Anforderungen an das Entscheidungsunterstützungssystem identifiziert“, erläutert Dr. Christoph Weskamp, R&D Manager Digital Business im SICP. Anschließend wurden die heutigen Entscheidungsprozesse des Theaters analysiert, die zu treffenden Entscheidungen operationalisiert und schließlich Verbesserungspotentiale abgeleitet. „Eine Herausforderung lag darin, dass viele Informationen nicht strukturiert in Datenbanken abgelegt waren, sondern es vielmehr darum ging, das menschliche Domänenwissen abzubilden“, erklärt Prof. Dr. Dennis Kundisch, Direktor des Kompetenzbereichs Digital Business im SICP sowie Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik, insb. Digitale Märkte. Entsprechend mussten Daten, wie z.B. Informationen aus dem Spielkatalog, zunächst digitalisiert werden. Auf dieser Datengrundlage wurde anschließend eine Datenexploration auf Ticket-, Besucher- und Veranstaltungsebene durchgeführt. Dadurch konnten weitere Verbesserungspotentiale in Bezug auf die Angebotsgestaltung gewonnen werden. So hat sich bspw. herausgestellt, dass der beliebteste Tag für einen Ticketkauf (im Durchschnitt) der Tag der Veranstaltung selbst ist und es wurden die im Großen Saal besonders beliebten Sitzplätze identifiziert.
Analyse des Besuchsverhaltens
Eine wesentliche Herausforderung des Projektes ist die Gewinnung von Erkenntnissen über das Verhalten und die Einstellungen der Besucher*innen und Nichtbesucher*innen. Um diese Wissenslücke zu schließen, führte der SICP in Form des Lehrstuhls Dienstleistungsmanagement und Technologiemarketing von Prof. Dr. Nancy Wünderlich zwischen November 2019 und Januar 2020 über 40 Interviews durch. Mithilfe dieser Daten konnten viele aus der Literatur bekannten Besuchsmotive, wie z.B. dem Wunsch nach Bildung durch Kultur, auch bei den Besuchern des Paderborner Theaters nachgewiesen werden. Weiterhin ist aus den Ergebnissen hervorgegangen, dass die über die Spielzeit angebotene Stückauswahl als Treiber für die Besuchsentscheidung fungiert. Es wurden zudem wertvolle Erkenntnisse über die Gründe für einen Nichtbesuch identifiziert. So wurde deutlich, dass die befragten Nichtbesucher sich unbewusst gegen das Theater entscheiden, da sie es nicht als mögliche Freizeitaktivität wahrnehmen.
Daraus ergibt sich ein konkreter Handlungsbedarf für die Zukunft, der darin besteht, die Wahrnehmung bei den Nichtbesuchern zu erhöhen, um diese zu einem Besuch zu animieren. Die Erhöhung der Wahrnehmung ist darüber hinaus wichtig, um Unwissenheit seitens der Nichtbesucher bezüglich des Preises und der im Theater gespielten Inhalte abzubauen. Diese und weitere Erkenntnisse helfen dem Theater Paderborn damit nicht nur sofort, sondern fließen auch in das Entscheidungsunterstützungssystem (EUS) ein.
Intelligente Entscheidungsunterstützungssystem
„Bisher haben wir eine erste Version der Gesamtarchitektur des EUS entwickelt sowie ein umfangreiches Datenmodell zur Speicherung von Besuchsdaten als Grundlage für Analysen konzipiert und prototypisch in Software umgesetzt“, erläutert Dr. Stefan Bunte, Geschäftsführer der Optano GmbH. Auf dieser Basis wurden auch erste Funktionalitäten des EUS umgesetzt. So ist bereits ein Softwaremodul zum Controlling von Theaterveranstaltungen entstanden.
Die konzeptionelle Entwicklung sowie die Implementierung des EUS werden in den nächsten Monaten weiter vorangetrieben. Zudem steht die Vorbereitung der Evaluation des entwickelten Werkzeugs an. Positiv ist darüber hinaus, dass der Spielbetrieb des Theaters Paderborn nach dem Lockdown durch die COVID-19-Pandemie wieder hochgefahren werden konnte. „Auch in dieser Spielzeit erwartet die Besucher wieder ein buntes Spielprogramm. Von der Tragödie bis zum Musical ist alles vertreten“, freut sich Katharina Kreuzhage, Intendantin des Theaters.