Gericht: Rechtsextremer Parteigründer Jean-Marie Le Pen nicht prozessfähig

3.04.2024

© Pierre VERDY, AFP/ArchivDer rechtsextreme Parteigründer Jean-Marie Le Pen ist nach Einschätzung eines Gerichts nicht mehr prozessfähig.

Der Gründer der rechtsextremen Partei Front National (FN), Jean-Marie Le Pen, ist nach Einschätzung eines Gerichts nicht mehr prozessfähig. Der 96-Jährige könne aus gesundheitlichen Gründen nicht an einem für September geplanten Prozess wegen der Veruntreuung von EU-Geldern teilnehmen, entschied ein Pariser Gericht am Mittwoch. Dies müsse zum Auftakt des Verfahrens noch formal festgestellt werden.

Der Vater von Marine Le Pen, die die Parteiführung von ihm übernommen hatte, steht seit April unter der gesetzlichen Betreuung seiner Töchter. Marine Le Pen und ihre Schwestern können seitdem in bestimmten Angelegenheiten für ihren Vater handeln.

Dem Vater, der Tochter sowie 25 weiteren Angeklagten wird die Veruntreuung von EU-Geldern vorgeworfen. Der Prozess vor dem Pariser Strafgericht ist vom 30. September bis 27. November anberaumt. Marine Le Pen, die bereits drei Mal bei der Präsidentschaftswahl angetreten ist und 2027 erneut kandidieren will, riskiert dabei den Verlust der Wählbarkeit.

Die meisten der Angeklagten sind EU-Abgeordnete der Partei oder deren Assistenten. Ihnen wird zur Last gelegt, zwischen 2004 und 2016 EU-Gelder veruntreut zu haben, indem die Assistenten der Europaabgeordneten in Wahrheit für die rechtspopulistische Partei beschäftigt gewesen seien. Marine Le Pen bestreitet die Vorwürfe.

Der Gesundheitszustand des Parteigründers hatte sich nach einem Herzinfarkt im vergangenen Jahr nach Aussagen seiner Familie erheblich verschlechtert.

Jean-Marie Le Pen hatte 1972 die rechtsextreme FN gemeinsam mit einem ehemaligen Mitglied der Waffen-SS gegründet und trat fünf Mal im Präsidentschaftswahlkampf an. 2002 gelang ihm der Einzug in die Stichwahl gegen Jacques Chirac. Dies führte damals zur Bildung einer "republikanischen Front", an der linke und rechte Politiker sich gemeinsam gegen den Front National stellten.

Seine Tochter übernahm die Parteiführung 2011, warf ihren Vater raus und gab der Partei ein weniger radikales Image. Zudem arbeitete sie an der Verwurzelung der Partei in der Fläche, die von Wahl zu Wahl immer besser abschnitt. Schließlich benannte sie die Partei von Front National in Rassemblement National (RN) um.

Seit der ersten Runde der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag ist die Partei der Macht näher denn je zuvor. Falls sie in der entscheidenden Runde am kommenden Sonntag die absolute Mehrheit erreichen sollte, hätte sie Aussicht, erstmals in Frankreich die Regierung zu stellen.