Zahlen und Fakten
Augenkrankheiten
Die Gutenberg-Gesundheitsstudie (Gutenberg Health Study - GHS (Öffnet in einem neuen Tab)) ist ein international renommiertes Forschungsprojekt der Universitätsmedizin Mainz. An der GHS haben seit 2007 mehr als 15.000 Personen als Probanden teilgenommen. Im Jahr 2015 wurden die ersten Zahlen zu Augenerkrankungen aus dieser Reihenuntersuchung veröffentlicht. Inzwischen liegen Daten zur Häufigkeit der drei größten Augenerkrankungen Altersabhängige Makula-Degeneration, Glaukom (Grüner Star) und Diabetische Retinopathie vor. Es sind die ersten Zahlen, die sich auf eine groß angelegte und in Deutschland durchgeführte Untersuchung einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe stützen können.
In Deutschland beträgt demnach bezogen auf die Gesamtbevölkerung der
- Anteil der Menschen mit Altersabhängiger Makula-Degeneration (Spätstadien) 0,59 Prozent (also ca. 488.000 Betroffene)
- Anteil der Menschen mit Altersabhängiger Makula-Degeneration (Frühstadien) 8,43 Prozent (also ca. 6.981.000 Betroffene)
- Anteil der Menschen mit Diabetischer Retinopathie 1,53 Prozent (also 1.270.000 Betroffene)(21,7 Prozent der Personen mit bekanntem Diabetes in Deutschland)
Hinweis: Die Katarakt (Grauer Star) wurde bisher im Rahmen der GHS nicht untersucht. Dabei handelt es sich zwar definitiv um eine sehr häufige Augenkrankheit (die Katarakt-OP zählt laut Schätzungen der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft mit 800.000 Eingriffen jährlich zu den häufigsten Operationen in Deutschland). Die Erkrankung hat jedoch in Deutschland nur bei einem geringen Prozentsatz der Betroffenen dauerhafte Auswirkungen, meist in Kombination mit anderen Augenerkrankungen.
Blindheit und Sehbehinderung
Werden sehende Menschen gefragt, wie sie sich den Unterschied zwischen Blindheit und Sehbehinderung vorstellen, kommen viele häufig zu dem Schluss: Blinde Menschen sehen gar nichts, Menschen mit einer Sehbehinderung sehen sehr unscharf. Dies ist jedoch ein Trugschluss, denn die Ausprägungen und Auswirkungen von Sehbehinderungen sind so vielfältig und individuell wie die Menschen selbst.
Blinde und sehbehinderte Menschen werden in Deutschland nicht gezählt. Das ist eigentlich unglaublich, wenn man bedenkt, wie nützlich empirisch erhobene Daten wären. Der Zahlenmangel führt dazu, dass in vielen Bereichen Verantwortliche auf Vermutungen angewiesen sind, wo sie eigentlich Planungssicherheit bräuchten - als Beispiel sei nur die öffentliche Hand genannt.
Der Deutsche Blinden- und Sehbehinderten Verband (DBSV) fordert deshalb seit vielen Jahren empirisch erhobenes Zahlenmaterial zur Situation der blinden und sehbehinderten Menschen in Deutschland. Besonders wichtig wäre das für den Sehbehindertenbereich, in dem die Betroffenenzahlen anscheinend seit Jahren dramatisch ansteigen (siehe WHO-Zahlen) - aber nichts genaues weiß man nicht.
Die Definitionen nach deutschem Recht:
Ein Mensch ist sehbehindert, wenn er auf dem besser sehenden Auge selbst mit Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 30 % von dem sieht, was ein Mensch mit normalem Sehvermögen erkennt. (Sehvermögen ≤ 30 %)
Ein Mensch ist hochgradig sehbehindert, wenn er auf dem besser sehenden Auge selbst mit Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 5 % von dem sieht, was ein Mensch mit normalem Sehvermögen erkennt. (Sehvermögen ≤ 5 %)
Ein Mensch ist blind, wenn er auf dem besser sehenden Auge selbst mit Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr als 2 % von dem sieht, was ein Mensch mit normalem Sehvermögen erkennt. (Sehvermögen ≤ 2 %)
Was bedeutet beispielsweise ein Sehvermögen von weniger als 5 %? Die verschiedenen Augenerkrankungen wirken sich extrem unterschiedlich aus (Beispiele finden Sie im Sehbehinderungs-Simulator des ABSV (Öffnet in einem neuen Tab)). Ein Sehvermögen von weniger als 5 % kann bedeuten, dass ein Mensch einen Gegenstand erst aus 5 m Entfernung erkennt, den ein normal sehender Mensch bereits aus 100 m Abstand erkennt.
Ein Sehvermögen von weniger als 5 % kann aber auch bedeuten, dass ein Mensch (wie durch einen Tunnel) nur 5 % des normalen Gesichtsfeldes sieht.
Häufigkeit Blindheit/Sehbehinderung (DDR-Zahlen)
Das Ministerium für Gesundheit der DDR veröffentlichte jährlich Zahlen auf Basis der Statistik der Blindengeldempfänger. Blinde Menschen, die kein Blindengeld beantragt hatten, wurden von dieser Statistik nicht erfasst, es blieb also eine Dunkelziffer.
Nach der Wiedervereinigung wurden die DDR-Zahlen per Dreisatz auf ganz Deutschland hochgerechnet. Die Zahl der Sehbehinderten wurde per Multiplikation ermittelt - auf Basis des Erfahrungswertes, dass auf drei blinde ca. zehn sehbehinderte Menschen kommen. So entstanden folgende Zahlen: In Deutschland lebten Anfang der 1990er Jahre
- ca. 150.000 blinde Menschen
- ca. 500.000 sehbehinderte Menschen
Häufigkeit Blindheit/Sehbehinderung (WHO-Zahlen)
In Dänemark, Finnland, Großbritannien, Irland, Island, Italien und den Niederlanden werden blinde und sehbehinderte Menschen gezählt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wertete Erhebungen dieser Länder bezogen auf das Jahr 2002 aus und kam zu erstaunlichen Ergebnissen, die 2004 veröffentlicht wurden:
Laut WHO ist in den genannten Ländern von 1990 bis 2002 die Zahl der Sehbehinderten um 80 Prozent gestiegen, eine ähnliche Entwicklung muss auch für Deutschland angenommen werden. Hintergrund ist das Phänomen "Alternde Gesellschaft" verbunden mit einer steigenden Lebenserwartung.
Prof. Bernd Bertram vom Berufsverband der Augenärzte hat die WHO-Zahlen ausgewertet und Rückschlüsse auf die Situation in Deutschland gezogen. Demnach gab es im Jahr 2002 in Deutschland
ca. 1,2 Millionen sehbehinderte und blinde Menschen
(Prof. Bernd Bertram: Blindheit und Sehbehinderung in Deutschland: Ursachen und Häufigkeit, veröffentlicht in "Der Augenarzt", 39. Jahrgang, 6. Heft, Dezember 2005)
Weil die WHO Blindheit und Sehbehinderung anders kategorisiert als das deutsche Recht (nämlich in WHO-Grad 1-5, statt wie oben), ist nur diese Gesamtzahl auf deutsche Verhältnisse übertragbar.
Häufigkeit Blindheit/Sehbehinderung (Schwerbehindertenstatistik)
Laut Auskunft des Statistischen Bundesamtes gab es am 31. Dezember 2019 in Deutschland
- 76.740 blinde Menschen
- 51.094 hochgradig sehbehinderte Menschen
- 452.930 sehbehinderte Menschen
Der DBSV betrachtet diese Zahlen als gesicherte untere Grenze und geht von höheren Zahlen aus. Grund ist, dass in der Schwerbehindertenstatistik nur Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis erfasst werden, den jedoch viele sehbehinderte und auch einige blinde Menschen nicht besitzen.
Alters- und Geschlechtsstruktur
Das Zentrum Bayern Familie und Soziales stellt auf Anfrage eine Tabelle zur Alters- und Geschlechtsstruktur der Menschen zur Verfügung, die Leistungen nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz erhalten. Die wichtigsten Ergebnisse, Stand Oktober 2020:
- In Bayern erhalten 12.397 blinde Personen Blindengeld
- 3,4 % davon sind minderjährig
- Mehr als zwei Drittel (66,9 %) sind älter als 60 Jahre
- 40,3 % sind 80 Jahre und älter
- 55,5 % sind weiblichen Geschlechts (männlich 44,5 %)
Auch hochgradig sehbehinderte Personen erhalten Leistungen nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz. Sie sind in den oben genannten Zahlen nicht berücksichtigt.
Quelle:
Woche des Sehens
c/o CBM Christoffel-Blindenmission Christian Blind Mission e.V.
Stubenwald-Allee 5
64625 Bensheim
https://www.woche-des-sehens.de/