Nachbericht zum DigiLog „Fake News“

© Stadt Paderborn

Ob Zeitungen, Tagesthemen oder auch Social Media – die Anzahl der verschiedenen Informationen, die uns täglich erreichen, ist sehr hoch. Doch bei der Beurteilung dieser sind wir auf uns allein gestellt. Wie wichtig es ist Falschmeldungen als solche zu erkennen und wie dies möglich ist, zeigten, am vergangenen Mittwoch, erfahrene Journalisten beim Bürger*innen-DigiLog „Fake News“ auf.

Christiane Boschin-Heinz, Chief Digital Officer (CDO) der Stadt Paderborn, begrüßte rund 100 Zuschauer*innen im Livestream. Da der DigiLog von der Stadt Paderborn in Zusammenarbeit mit der Paderborner Sektion der Gesellschaft für Sicherheitspolitik e.V. durchgeführt wurde, begrüßte sie  Bürgermeister Michael Dreier und Andreas Bruck von der Gesellschaft für Sicherheitspolitik e.V. auf der Bühne.

Bürgermeister Dreier warf zunächst einen Blick auf die bereits vergangenen DigiLoge, die anfänglich in Präsenz und seit 2020 schließlich digital stattfinden konnten, und zeigte sich begeistert: „Ich bin sehr dankbar, dass dieser DigiLog auch digital so stark angenommen wird!“ Mit Blick auf das Thema „Fake News“ stellte Dreier die Wichtigkeit der Medienkompetenz eines jeden Menschen in den Fokus, da diese besonders im Zeitalter der schnelllebigen digitalen Medien von hoher Bedeutung sei: „Meine Bitte ist, dass die Medienkompetenz  immer wieder im Blickpunkt stehen muss und dass sich jeder kritisch damit auseinander setzt und Verantwortung übernimmt für das was er selbst in die Sozialen Medien stellt.“

Auch Andreas Bruck unterstrich dies, denn jede*r Bürger*in könne heute durch nur einen einzigen Klick Informationen empfangen, aber vor allem auch verbreiten und sogar um die ganze Welt schicken. „Falschnachrichten müssen nicht verbreitet werden, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden“, so Bruck. Das Unterscheiden von Fakten und Meinungen sei dabei besonders wichtig, jedoch für viele Menschen auch schwierig. Da wir oft durch Emotionen geleitet seien, könne dies zu einer Spaltung der Gesellschaft und Lagerbildung führen – Social Media mache sich dies besonders gerne zunutze. Als Gesellschaft für Sicherheitspolitik e.V., welche überparteilich agiert, haben Bruck und seine Kolleg*innen die Intention über Themen der inneren und äußeren Sicherheit zu informieren und diese zu diskutieren. Bruck: „Ich wünsche mir, dass wir mit dem Beitrag heute einen Impuls setzen konnten, dass die Medienkompetenz sich erweitert.“

Andreas Schnadwinkel, Politikredakteur des Westfalen Blatts, gab den Zuschauer*innen anschließend einen Einblick in den Redaktionsalltag einer Lokalzeitung, die die Aufgabe hat abgesicherte Fakten für Leser*innen zu liefern und  gewisse Nachrichten auch einmal nicht zu bringen, wenn der Wahrheitsgehalt zweifelhaft ist. Für die Redaktionen sei es am wichtigsten, dass die Quelle seriös ist. Zeitungen sind auf die Seriosität der Presseagenturen angewiesen. Als Beispiel nannte er einen Fall, bei dem, trotz genutzten Konjunktivs in dem Artikel, ein Strohfeuer entbrannte, welches kaum zu löschen war. Die Quelle der Information stellte sich im Nachhinein als falsch heraus. Besonders Social Media sei hier ein Beschleuniger für viele Informationen: „Von den Usern der Sozialen Medien würde ich mir wünschen, weniger reflexhaft zu agieren und nicht alles zu liken oder zu teilen – einfach skeptischer sein“, so Schnadwinkel.

Anschließend wurde David Schraven, CORRECTIV, digital dazu geschaltet. CORRECTIV ist ein Recherchezentrum, welches durch ein Monitoring herausfindet, welche Desinformationen derzeit viral sind und diese prüft. Hierfür wird tief in die Recherche gegangen, Studien werden gelesen und Fachleute werden gefragt, um vermeintliche Fakten zu widerlegen. Auch Desinformationen in Social Media werden gemeldet, untersucht, geprüft und anschließend mit dem Faktencheck verknüpft, da so die Reichweite der Desinformation stark gesenkt werden kann. Schraven stellte heraus, dass „Fake News“ ein schwieriger Begriff sei, da er politisch konnotiert sei und auch eher als Oberbegriff für viele verschiedene Phänomene genutzt werde, deshalb solle besser der Begriff Desinformation genutzt werden. Diese gezielt eingesetzten Falschinformationen nutzen immer dieselben Narrative, die tief in den Menschen verankert seien. Das funktioniere, weil ein Grundprinzip aufgegriffen würde: „Wir sind auf neu und gefährlich getrimmt“, so Schraven. Nach Einschätzung von Schraven kommen Desinformationen über die klassischen Medien eher selten durch, das Problem seien die Sozialen Medien, da die Menschen auf eine ganz natürliche Art und Weise ihren Freunden, die diese Informationen verbreiten, vertrauen würden. Während früher nur die Medien Informationen weitergaben, werden heute auf diversen Kanälen von vielen verschiedenen Menschen die Informationen empfangen und auch schnell weitergeleitet. Das frühere Vertrauen in die Medien wird durch das grundsätzliche Vertrauen in die eigenen sozialen Kontakte verdrängt. Dem könne man nur durch Medienkompetenz und einem wissenschaftlicheren Journalismus entgegentreten: „Die Medienpolitik muss einen großen Schritt nach vorne machen und eine Vision haben, wo wir hinwollen: Wir müssen eine Gesellschaft etablieren, in der wir jederzeit in der Lage sind medienkompetent zu handeln. Nur so können die Emotionalisierungen in Social Media überwunden werden“, resümierte Schraven.  Aus diesem Grund sei die Medienkompetenz auch als Aufgabe für CORRECTIV sehr wichtig: Eine Webakademie wurde aufgebaut, damit sich die Menschen die Bildung holen können, die sie brauchen, um Desinformationen zu erkennen.

Auch Martin Fehrensen, Journalist und Blogger vom Social Media Watchblog, blickte nochmal sehr deutlich auf die Sozialen Medien im Zusammenhang mit Desinformation. Das Social Media Watchblog berichtet über die Sozialen Medien nicht inhaltlich, sondern strukturell. Fehrensen erklärte, dass die meisten User*innen nicht direkt auf die Websites der Medienhäuser zugreifen würden, um sich Informationen zu holen, sondern Social Media nutzen, um sich zu informieren. Social Media sei jedoch kein freies Internet, welches die Gesellschaft bilden und Wissen verbreiten will, sondern eines, welches den Menschen auf der genutzten Plattform halten will. Durch immer neue Impulse würden die User*innen an die Plattform gefesselt, denn je mehr Zeit sie dort verbringen, desto mehr Geld verdienen die Plattformen. Die Inhalte der Plattformen stünden miteinander im Wettbewerb: Egal ob Informationen von Freunden, Prominenten oder auch klassischen Medienhäusern – ein Kampf um die Aufmerksamkeit entsteht. Emotionen seien hier der wichtigste Punkt, um Menschen zu fesseln und zu informieren. Fachliche Medien müssen schriller werden, um gehört zu werden. Die Konsequenz daraus sei, dass immer neue Akteure entstehen, sowohl positive, als auch negative. Da die User*innen merken würden, dass auf den Plattformen viel um Aufmerksamkeiten gekämpft wird, würden sie neue digitale Räume, wie beispielweise Messenger-Dienste, betreten, in welchen Desinformationen fast unsichtbar für den Rest der Medienwelt weitergegeben werden können. „Als Gesellschaft müssen wir lernen bei allem was wir sehen, hören und lesen erstmal kritisch zu sein und zu hinterfragen. Denn alles was wir konsumieren hat ein Ziel – unterhalten, informieren und womöglich steuern“, erklärte Fehrensen. Besonders ältere Menschen seien es gewohnt, dass das, was verbreitet wird, auch wahr ist. Deshalb sei lebenslanges Lernen besonders wichtig. Die Mediennutzung müsse hinterfragt werden. „Mein Wunsch wäre, dass wir als Gesellschaft lernen: Wir haben ganz wunderbare technische Möglichkeiten, um mit der ganzen Welt per Knopfdruck zu kommunizieren. Nehmen wir diese Verantwortung wahr und schauen wir ganz genau hin, was wir mit diesen großen Möglichkeiten anstellen“, plädierte Fehrensen am Ende des Abends.

In der Abschlussrunde des DigiLogs wurde deutlich, dass alle Experten sich einig sind: Die Weiterbildung der Medienkompetenz ist das wichtigste Mittel, um Desinformationen Einhalt zu gebieten.

Der aufgenommene Livestream des DigiLogs ist weiterhin unter www.youtube.com/user/PaderbornStadt verfügbar.