Mit einem anderen Blick durch die Stadt gehen

Paderborner Schüler brachten Projekt in die Ausstellung "Sonderzüge in den Tod" im Neuhäuser Marstall ein

Montag, 09. September 2013 | Stadt Paderborn - "Wir haben die Verantwortung, das Geschehene im Gedächtnis zu behalten, deshalb habe ich bei unserem Projekt mitgemacht." Jork Grewe, Schüler am Gymnasium Theodorianum, war es wichtig, dies bei der Eröffnung der Ausstellung "Sonderzüge in den Tod" mitzuteilen. Gemeinsam mit seinen Mitstreitern und den Lehrern Jörg Heger und Juliane Forker hat er historische Hintergründe über Orte in Paderborn recherchiert, die unter der Nazi-Diktatur eine schlimme Bedeutung erlangten. So forschten die jungen Leute über den Nordbahnhof, auf dem die Deportation von Paderborner Juden begann, und das ehemalige jüdische Kaufhaus im Haus "Pötz", in dem sich heute das Café Bar-Celona befindet. Sein Blick auf die Gebäude sei durch das Projekt ein anderer geworden, gesteht der Schüler. Von ähnlichen Erfahrungen berichteten während der Eröffnung der Ausstellung im Audienzsaal des Neuhäuser Schlosses auch Schüler des Wirtschaftsgymnasiums des Ludwig-Erhard-Berufskollegs. Mit Politiklehrer Alexander Humburg haben sie von Mai bis Juli Schicksale von Paderborner Juden betrachtet. Dank der Unterstützung der Paderborner Ehrenringträgerin Dr. Margit Naarmann und des Paderborner Stadtarchivs konnten sie viel in Erfahrung bringen und damit die von der Deutschen Bahn erarbeitete Ausstellung "Sonderzüge in den Tod" ergänzen. Die Ausstellung ist noch bis zum 15. Dezember im Neuhäuser Marstall zu sehen. "Ich finde es toll, dass junge Menschen bei dieser sehr nachdenklich machenden Ausstellung einbezogen werden konnten, damit dieses Grauen nicht vergessen wird", dankte Dietrich Honervogt bei der Eröffnung den Schülern und ihren Lehrern für deren Arbeit. Der stellvertretende Bürgermeister erinnerte an die schlimmen Jahre 1933 bis 1945, in denen etwa 60 Millionen Menschen durch den Krieg ihr Leben verloren haben, darunter allein sieben Millionen Juden. "Diese Vergangenheit können wir nicht ändern, aber wir können für die Zukunft, für unsere Kinder etwas machen", gab Tanja Rubens ihrer Hoffnung Ausdruck. Die Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Paderborn bezeichnete das Nazi-Regime als eine Maschinerie, in der die Reichsbahn eine Schraube gewesen sei. 75 Jahre nach dem November-Pogrom an den Juden in Deutschland liefere diese Ausstellung viele Fakten über die damals verübten Verbrechen. Zur Wachsamkeit gegenüber dem heute immer wieder auftretenden latenten Antisemitismus forderte der Bundestagsabgeordnete Dr. Carsten Linnemann auf. Hier müsse hart durchgegriffen werden. Er mahnte an, die Erinnerungskultur an die grausamen Geschehnisse von damals stets wachzuhalten. Dr. Susanne Kill von der Deutschen Bahn AG, die die Ausstellung mit konzipiert hat, ging auf die Rolle der Reichsbahn bei der Deportation der Juden in Deutschland ein. Ohne den Einsatz der Eisenbahn sei der systematische Mord an den europäischen Juden nicht möglich gewesen, so Kill. Insgesamt seien im Zweiten Weltkrieg mehr als drei Millionen Menschen aus fast ganz Europa mit den Zügen zu den NS-Vernichtungslagern transportiert worden. Die Ausstellung erinnere an das unermessliche Leid dieser Menschen, Überlebende schildern die grauenvollen Zustände in den Zügen. Kill machte auch die Scheinnormalität, mit der die Züge fuhren deutlich. Die Gestapo als Auftraggeber habe, weil es sich offiziell um Sonderzüge handelte, noch Rabatte bekommen. Als Tarnung habe man von "Evakuierung" dieser Menschen gesprochen, um den eigentlichen Zweck zu verheimlichen. "Überall fand damals das Verbrechen statt und die Reichsbahn war ein Teil davon", fasste Dr. Susanne Kill die in der Ausstellung dargelegten Fakten zusammen.

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